Schicht im Schacht

Nachthimmel über der Zeche Zollverein

Nachthimmel über der Zeche Zollverein

Das Ende dieses Jahres markiert gleichzeitig auch das Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland. Am 21. Dezember ist dann Schicht im Schacht. Dann schließt auch Zeche Prosper-Haniel als die letzte in Deutschland. Es lohnt nicht mehr, Steinkohle in einer Tiefe von 1.000 Metern abzubauen, wenn es dafür anderenorts nur eines Spatens bedarf.

Aus diesem Anlass ist "Schicht im Schacht" auch das Motto der diesjährigen ExtraSchicht. Viele Unternehmen zwischen Moers und Dortmund, zwischen Marl und Witten gestatten den Besuchern einen Blick in deren tägliche Arbeit. Shuttle-Busse bringen die Besucher an jeden der vielen Veranstaltungsorte.

Der Zeche Zollverein in Essen kommt eine besondere Rolle zu. Als UNSECO-Welterbe steht sie als Symbol für den Steinkohlebergbau und den Wandel, der sich seit dem Austiegsbeschluss von 2007 in der Region vollzieht. Heute Abend bietet sie bei Lounge-Musik einen stimmungsvollen Blick von der Dachterrasse der ehemaligen Kohlenwäsche von Schacht XII auf den Nachthimmel über dem Ruhrgebiet Richtung Westen.

Richtung Westen liegt dann auch das Stahlwerk von Thyssen-Krupp, dem wir auch einen Besuch abgestattet haben. Mit einem Bus wurde wir über das 100 Hektar grosse Werksgelände gefahren. Vorbei an Hochöfen, Stahlwerk und Walzwerk, die von einem Netz von Schienen miteinander verbunden sind. Auf diesem Schienennetz ist nachts um 2 Uhr mehr los als auf dem Duisburger Hauptbahnhof morgens um 8. Verständlich, denn das, was dort bewegt werden muss, läßt sich nicht mal eben auf eine Sackkarre packen. 36 Tonnen sei das Standardprodukt schwer, erläutert uns der Tourguide.

Das Standardprodukt ist ein 10 Meter langer Stahlklotz – die Bramme. In der Farbe Grau liegen Brammen überall auf dem Gelände rum. In Rot fliegen sie am Kranhaken unter der Decke des Walzwerkes. Und es gibt sie auch in Gelb, wenn sie den Hochofen und die Stranggussanlage verlassen. Alles auf dem Gelände ist schwer. Stahlherstellung scheint zudem ein sehr schmutziger Job. Vieles macht einen geschundenen Eindruck. 

Das Stahlwerk von Thyssen hat einen eigenen Hafen. Auf dem Rhein wird per Schiff das Ausgangsmaterial herangeschafft. Eisenerz kommt heute zumeist aus Brasilien. Es wird in Rotterdam umgeschlagen und dann flussaufwärts nach Duisburg gebracht. Auf umgekehrtem Weg wird wohl auch das Standardprodukt Duisburg verlassen. Aber wo kommt dann zukünftig die Kohle her, die man in noch grösseren Mengen benötigt, um jene Öfen zu befeuern, die Steine schmelzen lassen?

Wenn nun zukünftig nicht nur das Eisenerz, sondern auch die Steinkohle per Schiff von anderen Kontinenten nach Dusiburg gebracht werden muss, scheint das Ende der Stahlindustrie im Ruhrgebiet offensichtlich nah. Für den Neubau der Rheinbrücke bei Duisburg Neuenkamp, die in zwei Jahren nur 10 Kilometer Luftlinie vom Stahlwert errichtet werden wird, wird Stahl aus China zum Einsatz kommen. Dieser ist billiger, auch wenn er von einem anderen Kontinent über Rotterdam nach Duisburg gebracht werden wird.

Ist bald vielleicht auch Schicht im Schacht bei Thyssen-Krupp-Tata Steel am Standort Duisburg? Es wäre schade.