Kunst, Sport und Schule in China

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Heute ist Dienstag. Nach meiner gewöhnlichen morgendlichen Routine wurde ich zusammen mit meinem chinesischen Freund von seinem Vater zur Schule gebracht. Das Tages programm sah aber nicht vor, dass wir deutschen Schüler unseren Tag dort verbringen, sondern am zweiten Campus der Hangzhou XuejunHighėschool fahren werden, um diesen zu besichtigen und einigen Unterrichten teilzunehmen. Wir wurden also per Privatbus dorthin gebracht und waren schon ab dem Schulhof durch eine von Kimoleinwandgröße Willkommenstafel begrüßt. Trotz der eigentlich freundlichen Absicht schüchterte mich persönlich die Art der Begrüßung ein. Vor dem Administrationsgebäude angekommen realisierte ich überhaupt erst, dass dieser Campus noch einmal größer war, als der alte, auf dem ich mich am Montag aufgehalten hatte. Dieser war noch dazu der modernere und sah echt ziemlich gut aus. Als wir das Gebäude betraten, sah ich überall deutsche Flaggen hängen und fragte mich, ob dieses Procedere für jeden Austauschpartner durchgezogen wurde. Wir warteten eine halbe Stunde in einem Raum, welcher ausnahmsweise eine Heizung besaß, und konnten Tee trinken. Danach wurden wir in den Kunstraum geführt, welcher ungefähr so groß war, wie alle Kunsträume meiner Schule zusammen. Uns wurde die Fertigstellung eines Fächers erklärt und wurden anschließend aufgefordert, selber ein Motiv zu entwerfen. Uns standen dafür Papier, Pinsel und Tinte zur Verfügung. Wir übten uns erst an einigen Übungsblättern, malten anschließend auf das dafür gedachte Stück Papier und signierten mit unserem Namen; einige taten dies auf chinesisch.

Sobald wir alle fertig waren gingen wir ein Stockwerk höher, wo sich die Sporthalle befand. Diese tatsächlich auch ein wenig größer, als die einer deutschen Schule. Rechnet man die Fläche einer Dreifachhalle mit dem Faktor 3 kann man die Ausmaße erahnen. Auch hier hing eine Leinwand von der Größe der kompletten kurzen Wand sprich 20 m x 10 m und begrüßte herzlich Krefeld. Wir betraten die Halle und es richteten sich sofort die Augen 100 Schüler auf uns, was das ganze noch ein wenig unangenehmer machte. Wir machten Fotos mit der ganzen Gruppe und den Kunstwerken zusammen vor dem überdimensionalen Fernseher. Danach durften wir individuell zwischen Badminton und Basketball entscheiden. Ich nahm mir einen Badmintonschläger, weil ich damit tendenziell mehr anfangen kann als mit direktem Ballkontakt wie beim Basketball. Es ergab sich mit der Zeit, dass Schüler zu uns kamen. Wir fragten sie, ob sie mitspielen wollen. Das bejahten sie sofort und so spielten wir Doppel. Klar waren die Chinesen besser, aber dennoch hat es mir Spaß gemacht, denn schon in der Pause des Kunstunterrichtes spielten knapp 40 Schüler Tischtennis in der Nähe, doch leider durften wir da noch nicht mitspielen aufgrund Zeitmangels. So spielten wir eine halbe Stunde und machten uns dann auf den Weg in die Mensa. Diese war wie alles größer als die deutsche Norm und in diesem Falle war die Kantine mindestens drei Stockwerke groß. Nach dem Essen besuchten die Gruppe den Supermarkt auf dem Gelände, in dem es quasi alles gab. Man hätte sich aus einem Sortiment von valuumverpackten Hühnerfüßen bis Stiften alles aussuchen können.

Damit sollte es aber erst einmal mit dem Besuch des neuen Campus gewesen sein. Wir machten uns eine Stunde später auf den Weg zur nächsten Schule. Diese hieß Wenlan Middleschool und war sehr angesehen. Der Standard sei sehr hoch, erklärte man uns, und das merkte man auch definitiv. Alles war sauber und aufgeräumt. Wir wurden genauso empfangen, wie am ersten Tag in der Xuejun Highschool, nur dass der Raum noch ein wenig mehr den Charakter der Schule betonte. Der Schulleiter hielt seine Empfangsrede und unser Vertreter antwortete. Danach wurden uns allen Geschenke überreicht und anschließend Fotos gemacht. Wir konnten eine Führung genießen, bei der ich gut einen Eindruck über diese Schule gewinnen konnte. Jeder Klassenraum war mit allem ausgestattet, was man sich als Lehrer und Schüler nur vorstellen mag.  Der Rundgang endete in einem riesigen Saal mit Bühne. Eine Menge Schüler saßen bereits in diesem Raum und das Schulorchester war auch schon bereit. Vor dem Eingang des Saals standen sechs Schüler, die uns begrüßten; einstimmig und auf Englisch. Aber als der erste deutsche Austauschschüler den Raum betrat, begannen die Schüler im Raum zu klatschen als seien wir die Hauptattraktion oder der gleichen. Ab da an war es mir wirklich unangenehm, denn ich fühlte mich nicht, als wäre ich etwas besonderes. Ich denke, dass auch meine Freunde nicht wirklich etwas mit der Situation anzufangen wussten. Uns wurden Plätze zugewiesen und die Vorstellung begann. Es wurden unterschiedliche Reden gehalten, zum Beispiel vom Schulleiter oder jemanden, den ich als seinen Stellvertreter bezeichnen würde. Dann begann das Orchester zu spielen.

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Ich war sehr beeindruckt, was uns in der nächsten Stunde präsentiert wurde. Alles war sehr aufwendig geplant und nahe zu perfekt ausgeführt worden. So zum Beispiel wurden musikalische Beiträge auswendig vorgetragen. 

Um 18 Uhr war ich wieder zuhause bei meiner Gastfamilie und wir aßen bevor sich mein Austauschschüler an seine Hausaufgaben setzte und ich ein wenig das Gesehene zu verarbeiten versuchte. Als ich aus meinem Zimmer kam, saß die Familie am Tisch und schaute meinem Freund zu, wie er chinesische Zeichen in Kalligraphie malte. Ich würde auch aufgefordert, aber ich lehnte ab, nicht aus dem Grund, dass ich es nicht ausprobieren wollte, sondern darum, dass ich Linkshänder bin und daher große Schwierigkeiten hätte, mich bei dem Versuch Chinesisch zu schreiben nicht selber mit anmale. Das könnte die Familie glücklicherweise verstehen. Stattdessen schlug mein Freund vor, dass er für mich etwas schreiben würde. Ich bat ihn, die Namen meiner Familienmitglieder in Mandarin niederzuschreiben. Das hat er nun eine Stunde getan und das Ergebnis ist für das Europäische Augen vertreten durch meine beiden perfekt. So kann ich also auch etwas mit zurücknehmen und so kann sich meine Familie an diese echt besondere und coole Zeit zurückerinnern. Doch ich bin noch mitten drin und muss mich noch gar nicht zurückerinnern. 

Hangzhou, 20.März.2018

HenriHenri Höchter